Brief der Präsidentin

Liebe Freunde,
in einigen meiner letzten Mitteilungen mussten wir Opfer von einigen Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Tsunami beklagen. Heute möchte ich auf einige wichtige, wenn auch unterschiedliche Ereignisse, eingehen, die Bereiche widerspiegeln, für die wir Menschen die Verantwortung tragen.

Erstens wird heute in Israel Yom HaShoah gefeiert, der Gedenktag für die Opfer des Holocaust. Zweitens verkündete Papst Benedikt XVI gestern in Rom die Seligsprechung  seines Vorgängers, Papst Johannes Paul II, im seligen Angedenken. Und andererseits hat die Welt gerade von der Aufspürung und Tötung des Erzterroristen Osama Bin Laden erfahren.

Einige von Euch mögen nicht mit mir konform gehen, doch sehe ich einen Zusammenhang zwischen diesen drei Ereignissen. Die Verbindung besteht in dem freien Willen der Menschen auszuwählen, ob man Gutes oder Böses tun möchte. Während die Umstände manchmal unsere Wahl einschränken, haben wir doch die Fähigkeit, zwischen Gut und Böse zu wählen, oder, wie die Bibel sagt (5. Mose 30:19) „Leben und Tod, Segen und Fluch, erwähle deshalb das Leben…“.
Ich möchte einen wunderbaren Artikel von einem amerikanischen Imam empfehlen, der den Yom HaShoah reflektiert (siehe: http://www.huffingtonpost.com/imam-abdullah-antepli/imam-reflection-on-yom-hashoah_b_856074.html.

Dies ist ein beredtes Beispiel für die Tatsache, dass die Kampagne gegen Bin Laden und seinesgleichen keine Kampagne war und niemals eine Kampagne werden soll gegen eine der großen Weltreligionen.

Papst Johannes Paul II mag in einigen Kreisen für einige seiner Ansichten eine umstrittene Figur sein, doch hoffe ich, dass mir alle zustimmen werden, dass er während der Shoah ein gerechter Retter war und dass seine ersten Erfahrungen während dieser Zeit ihn später dahingehend beeinflussten, ein Vorreiter für die Förderung des interreligiösen Dialogs zu sein. In zwei Monaten, wenn wir uns zu unserer Konferenz in Krakau treffen, wo er als Erzbischof tätig war, werden wir sein Andenken ehren. Selbstverständlich werden wir auch das Zentrum für Dialog und Gebet besuchen, das sich am Rande  von Auschwitz-Birkenau befindet, und einen Tag der Konferenz dem Vermächtnis der Nazi-Zeit in der Weltgeschichte im Allgemeinen und der europäischen Geschichte im Besonderen widmen.

Die Bibel in den Sprüchen 24:17 ermahnt uns eindringlich, sich nicht über den Fall unseres Feindes zu freuen. Ich muss sagen, dass ich mit einiger Sorge die Siegesfeiern beobachte, die jetzt in Teilen Amerikas stattfinden. Auch ich bin darüber froh, dass die Einzelperson Osama Bin Laden nicht mehr in der Lage sein wird, terroristische Aktivitäten zu planen oder durchzuführen. Doch die Bedrohung des Dschihadismus als eine verzerrte  Interpretation des Islams ist immer noch unter uns. In diesem Sinne möchte ich mit einem Zitat aus dem Koran, Sure 41, Vers 34-35 abschließen:
„ Wehre (das Böse) ab mit dem Bessern, und siehe, der, zwischen dem und dir Feindschaft war, wird sein gleich einem warmen Freund. Aber dies sollen nur diejenigen erreichen, die standhaft sind, und nur die Hochbeglückten erreichen es.“

Ich hoffe, dass ich viele von Euch in Krakau sehen werde.

Bis dahin verbleibe ich
mit besten Wünschen aus Jerusalem

Debbie Weissman